Heute im #HalleProzess. Prozesstag beginnt mit zwei Zeugen aus der JVA Burg, beide Justizbeamte, die zum Verhalten des Angeklagten in der Haft befragt werden.
Seit Juli dieses Jahres ist der Angeklagte nicht mehr in Halle sondern dort inhaftiert. Beide Zeugen können nur von Kontakt im Haftalltag erzählen. Berichten keine Veränderungen im Verhalten des Angeklagten.
Da der zweite Zeuge aus der JVA sehr oft die Aussage mit Verweis auf seine Aussagegenehmigung verweigert beantragt NK Einsicht in diese Genehmigung.
Nach einigem Hick Hack darf der Zeuge aussagen, ob der Angeklagte einen Fernseher habe. Insgesamt wenig Erkenntnis aus der Befragung der beiden Justizbeamten.
Als zweite Zeugin die Kriminalhauptkommissarin R. Ihr aufgabe war die Analyse der Musik, die der Angeklagte während der Tat abgespielt hat. Sie hat das Video das er von der Tat angefertigt hat analysiert.
Erster Eindruck: vergleichsweise kompetent, Zeugin hat 12 Songs aufgelistet, die auf dem mp3 Player des Angeklagten waren, schätzt davon 3 Songs als relevant für Tatmotivation ein. Immerhin.
Die restliche von Zeugin als „Anime-Musik“ bezeichneten Songs hält sie für nicht-tatbezogen, sie erkenne keine ideologischen Bezüge. Damit verkennt sie jedoch Überschneidungen von Anime Symbolik, Incel Community und neuer Rechten völlig.
Aus Nachfrage der NK wird deutlich: Zeugin weiß nichts über Anime Bilder im „Manifest“ des Angeklagten, es stellt sich die Frage: wie soll sie so relevante Schlüsse ziehen können?
Auch von dem rassistischen Mordversuch an zwei Personen auf der Flucht des Attentäters wusste die Zeugin nichts. Es schließt sich eine Diskussion zwischen Nebenklage, Vorsitzender und Vertreter Generalbundesanwalt an: NK Anwalt: „ein Internet-Affiner 18-Jähriger hätte mehr zu den Zusammenhängen sagen können“ Er sei „maßlos enttäuscht und entsetzt von der Kompetenz des BKA“.
Der nächste Zeuge ist psychologischer Gutachter aus der JVA Halle, der mit dem Angeklagten über Monate regelmäßig Gespräche geführt hat.
Der Gutachter beschreibt den Angeklagten als sozial isolierten jungen Mann. Nicht beachtet werden hierbei seine sozialen Kontakte in Online-Foren und auf Gamingplattformen.
Durch Nachfrage der Nebenklage wird außerdem deutlich, dass der Angeklagte mit 2-3 Personen Briefkontakt aus dem Gefängnis heraus hat. Einige Kontakte bestehen offenbar erst seit der Inhaftierung.
Nach der Mittagspause eine Erklärung aus der Nebenklage: beantragt wird, einen Experten der Amadeu-Antonio-Stiftung als Sachverständigen zu laden. Er beschäftigt sich mit rechten Aktivitäten, Vernetzung und Radikalisierungspotentialen von Gamingplattformen.
Die nächste Zeugin ist Justizbeamte der JVA Halle. Sie soll Aussagen über das Verhalten des Angeklagten in der Haft machen. Es geht auch um seinen „Fluchtversuch“ am 30.05.2020.
Nebenklage fragt hier nach, aber die Zeugin unterliegt eingeschränkter Aussagegenehmigung. Wenig neue Erkenntnisse.
Der 6. Zeuge heute ist ein Kriminalhauptkommissar, der für die Finanzermittlungen zuständig war. Er hat Ein- und Auszahlungen auf Konten des Angeklagten & dessen Familie untersucht. Auch mit dem Ziel mögliche Unterstützer*innen zu ermitteln.
Auch dazu wenig Erkenntnisse. Aber: über die Konten von Vater & Mutter des Angeklagten ist ab 2017 Material gekauft worden, das eventuell für den Waffenbau bzw. die Tat verwendet wurde.
Darunter Präzisionsrohre, Bleischrot, Chemikalien und ein Bundeswehr-Gefechtshelm.
Nach einer Phase mit wenig Transaktionen wurde dann 2019 vom Angeklagten relativ viel Bargeld auf sein Konto eingezahlt. Es konnte bislang nicht geklärt werden woher das Geld kommt.
Unser Eindruck: es gibt nicht unerhebliche Ermittlungslücken dazu, wer aus dem Umfeld des Angeklagten wie viel von seinen Plänen wusste & woher das Geld auf seinem Konto kam.
Angesetzte Verhandlungstermine in der Woche ab 11. Dezember werden wegen Chanukkah voraussichtlich verschoben.