Tag 16 im Halle-Prozess

Heute wird der #HalleProzess fortgesetzt. Wir werden in den Pausen hier weiter berichten. Heute werden v.a. Beamt*innen befragt, die bei der Festnahme des Attentäters dabei waren.

Stahlknecht der selbst letzte Woche durch antisem Äußerungen aufgefallen war, will nun in LSA eine Studie zu Rassismus und Antisemitismus in der Polizei durchführen lassen, nachdem über Jahre hinweg offener Antisemitismus in der B-Polizei Magdeburg folgenlos geblieben ist: https://www.mz.de/mitteldeutschland/sachsen-anhalt/antisemitismus-bei-bereitschaftspolizei-in-sachsen-anhalt-imbiss-wird-stets-jude-genannt-1715474

Eine solche Studie ist zwar zu begrüßen aber es täuscht nicht darüber hinweg dass sich Antisemitismus offensichtlich durch alle Ebenen der Polizei in LSA zieht.

Mehrere Betroffene wiesen in ihren Zeug*innenaussagen darauf hin, dass sich auch im Rahmen der Evakuierung der Synagoge Polizist*innen antisemitisch äußerten.

Es bleibt zu befürchten dass auch diese Studie folgenlos bleiben wird. Stahlknecht ist nach seinen unsäglichen Aussagen immer noch im Amt und der Druck aus der Gesellschaft verstummte sehr schnell. Antisemitismus darf nicht folgenlos bleiben, egal in welcher Form!

Deshalb schließen wir uns ebenfalls der Rücktrittsforderung des @ZentralratJuden an. https://www.juedische-allgemeine.de/politik/zentralrat-der-juden-legt-abloesung-von-innenminister-stahlknecht-nahe/

Als erster Zeuge im #HalleProzess wird ein Sachverständiger für Ballistik befragt. Dieser ist – im Gegensatz zu vielen BKA-Beamt*innen die bisher ausgesagt haben – überraschend gut vorbereitet.

In seinem Gutachten weist er nach, dass die Waffe, die der Täter auf der Ludwig-Wucherer-Straße verwendet hat auch auf 70m treffen kann und dabei auch potenziell tödliche Wunden verursacht.

RA Özata fragt nach ob sein Mandat Tekin auf 30m auch potenziell tödlich getroffen werden könnte. Der Zeuge zeigt daraufhin in seinen Berechnungen, dass eine Kugel 19cm tief eingedrungen wäre. Zeuge: “Das kann sich jeder Mensch vorstellen was das bedeutet“.

Danach beginnt die Befragung der Gerichtsmediziner*innen welche die Leichenschau und Autopsie gemacht haben. Diese achten darauf dass die Bilder der Leichen nicht für die Öffentlichkeit sichtbar sind. So decken sie bspw. einsehbare Bildschirme ab.

Wir werden hier keine der Verletzungen wiederholen. Es bleibt zu sagen, dass vermutlich bereits die ersten Schüsse auf Jana L. tödlich waren.

Als nächstes wurde der Obduktionsbericht vom Kevin S. durch den Gerichtsmediziner vorgestellt.

Von einer Gerichtsmedizinerin wurden anschließend Untersuchungsergebnisse und die Auswertungen der OP-Berichte der beiden Betroffenen in Landsberg vorgestellt. Auch diese Verletzungen hätten potenziell tödlich sein können.

Bemerkenswert bei der Befragung der Gerichtsmediziner*innen ist die klare Benennung und die auch ohne Nachfragen erfolgenden Hinweise wenn Verletzungen potenziell tödlich sein könnten. Das hatten andere Sachverständige zuvor nicht in dieser Eindeutigkeit getan.

Dass dies konkrete Konsequenzen haben kann, zeigt Folgendes: Wohl weil der Angriff auf Aftax I. von der ermittelnden Polizei nicht als Mordversuch gewertet wurde, fand bei seinen Verletzungen auch keine rechtsmedizinische Begutachtung statt.

Anschließend wurde ein Zeuge befragt, der in der Ludwig-Wucherer-Straße unterwegs war um sich Mittag zu holen. Dieser nahm wahr, dass ein Mann mit Gewehr aus einem Auto ausstieg. Als er vor diesem floh, schoss der Attentäter 3 mal auf ihn.

Danach wurden die zwei Beamten vernommen die den Täter verhaftet haben. Sie schildern dass er an einer engen Stelle an einer Baustelle nicht weiter konnte, weil ihm ein LKW entgegen kam. Nach einem Unfall mit diesem konnten sie ihn festnehmen.

Anschließend wurde ein Kriminalkommissar vernommen, der zum einen die Liste mit den Betenden in der Synagoge zusammenstellte, zum anderen einen Bericht zu den Kontakten des Attentäters verfasste. Dabei stellte er verschiedene Akten zusammen.

In seiner Zusammenfassung übernahm er unkritisch die Einzelgängererzählung, wobei er sich im Wesentlichen auf die Aussagen des Täters stützte.

Außerdem fasste er die Ermittlungen zu den Kontakten des Täters zusammen ohne zu problematisieren dass die spärlichen Ermittlungen keine Ergebnisse zur Feststellung der Onlinekontakten enthalten.

Dabei gibt es noch 5 DNA-Spuren die nicht zugeordnet werden können, unterschiedlichste Aussagen dazu wie und ob der Ex-Schwager ihm beim Schweißen geholfen hat, wer die 3 Personen waren die den Twitchstream verfolgt haben, woher das Geld kam mit dem er mehrere Bareinzahlungen tätigte (Konto wurde ausschließlich für Online-Einkäufe genutzt) oder an wen das Waffenbauequipment (Metallpresse) verkauft wurde.

Auf den Datenträgern des Attentäters wurden keine konkreten Waffenbaupläne gefunden. Die Bewertung des BKA beruht auf den Einlassungen des Täters und einer allgemeinen Einschätzung des Amtes.

@RPietrzyk stellt in der Verhandlung klar,dass die Einschätzung der Einzeltäterthese nur auf dem beruht,was der Täter selbst aussagte, publizierte, unverschlüsselt zugänglich war oder er nicht mehr löschen konnte sowie den wenigen Einlassungen seines nahem Umfelds.

Auf der Kundgebung vor dem Gericht fassen sie und @raahoff den Tag noch einmal treffend zusammen. „Schlechter Tag für das BKA guter Tag für uns.“

Heute wurde erneut deutlich, dass der Einzeltäterthese die dürftigen Ergebnisse der ermittelnden Behörden zur (online-)Vernetzung des Täters zugrunde liegt.

Durch den Zeugen, der selber keine Ermittlungen führte, versuchte das Gericht die Erzählung vom Einzeltäter festzuschreiben. Dies verhinderte heute die wichtige Arbeit der Nebenklagevertreter*innen.

Abschließend erinnern @RPietrzyk und @raahoff daran, dass es weiterhin Druck aus der Gesellschaft braucht, um nicht dem Gericht die Deutungshoheit darüber zu über lassen, was an diesem Tag in Halle passierte.

Vielen Dank an @kundgebung1310 für die Organisation der heutigen Kundgebung vor dem Landgericht!