Tag 15 im Halle-Prozess

Heute wird der #HalleProzess fortgesetzt und wir werden aus dem Prozess in den Pausen twittern. Vielen Dank an @IfS_dicht die heute vor dem Gericht die Mahnwache betreuen. Bei @valentinhacken_, @nsuwatch findet ihr detaillierte Prozessberichte. An @democ_de gute Besserung!

Als erster Zeuge sagte heute eine Person aus Landsberg Wiedersdorf aus. Diese kam gerade von der Arbeit nach Hause, wollte aber noch etwas im Garten erledigen.

Als es an das Hoftor klopfte, öffnete er dieses und wurde vom Attentäter direkt mit einer Waffe auf Gesichtshöhe bedroht. Dieser forderte ihn auf ihm seine Autoschlüssel auszuhändigen.

Er sagte ihm daraufhin dass er den Autoschlüssel nicht bei sich habe. Währenddessen hantierte der Attentäter dabei an seiner Waffe herum. Als sich der Zeuge umdrehte um wegzulaufen, merkte er, dass auf ihn geschossen und er von etwas getroffen wurde.

Seine Lebensgefährtin kam kurze Zeit später aus dem Haus und wurde daraufhin ebenfalls vom Attentäter angeschossen. Auch sie fragte er nach dem Autoschlüsseln. Als er diese sowohl von ihr als auch vom Zeugen nicht bekam, verließ er das Grundstück.

Als dieser das Grundstück verlassen hatte riefen sie die Polizei, welche ihnen anfangs nicht glaubten und erst nach ca. 20-30 min. kam.

„Ich hatte ein Leben vor dem 9. Oktober und eins danach.“

Als zweite Zeugin sagt die Lebensgefährtin des ersten Zeugen aus. Sie schildert sehr gefasst den Ablauf der Tat. Sie hörte einen Knall und dachte ihr Mann hätte Probleme mit der Kettensäge. Wenig später fiel sie vorne über als sie von dem 2. Schuss getroffen wurde.

Als sie beginnt den Ablauf nach dem Schuss und besonders ihre Interaktion mit der Polizei zu schildern, bewegt sie das deutlich. Nachdem sie bei der 110 durchgekommen ist, wurde sie wiederholt aufgefordert ihren Namen zu wiederholen und nach dem Schützen zu schauen.

Sie sagt aus das Gefühl gehabt zu haben, dass ihr nicht geglaubt wird. Sie gab das Handy an die herbei gekommenen Nachbarn mit den Worten „Sag du den, was Sache ist, die glauben mir nicht“. Der Polizist am Telefon hatte sie davor aufgefordert dem Heli zu winken.

Sie sollte dann mit einem Krankentransport ins KH gebracht werden. Bevor dieser los fahren konnte forderte ein Polizist von ihr den Autoschlüssel. Er soll gesagt haben “Das geht sie gar nichts an.“ als sie nach dem Grund fragte.

Die ganze Szene verunsicherte sie, wie auch die vorhergegangen Interaktionen mit der Polizei. „Hätte ich ihm den Schlüssel nicht gegeben, der hätte mich auch aus dem Krankentransport gezerrt.“

Ihr und ihrem Lebensgefährten stand erst im Juni 2020 psychologische Hilfe zu Verfügung, nachdem sie ohne Unterstützung alle Therapeut*innen in Halle abtelefoniert hatten. Sie landeten durch die KV dann bei einem, der davor meinte, er wäre nicht zuständig.

Sie beschreibt, dass ihr nur der weiße Ring und eine Person aus der Synagoge wirklich geholfen haben. Von den Behörden und der Polizei fühlt auch sie sich alleine gelassen.

Erst auf Nachfrage des Weißen Rings erhielten sie eine Einladung zum offiziellen Gedenken am 9. Oktober. „Uns Verletzte hat man anscheinend vergessen.“

Als nächstes wurde ein Zeuge gehört, welcher eine Autowerkstatt im Ort selbst besitzt. Dieser hörte einen lauten Knall und dachte anfangs es wäre eine umgefallene Leiter.

Wenig später wurde er von einem Kunden nach draußen gerufen. Dort begegnete er dem Attentäter, welcher ein Auto von ihm forderte. Dieser bedrohte ihn: er habe gerade zwei Menschen erschossen, dies wolle er ihnen nicht auch antun.

Der Zeuge forderte daraufhin einen seiner Kunden dem Attentäter die Schlüssel auszuhändigen. Nachdem der Attentäter vom Gelände gefahren war, lief er mit einem Sanikasten in Richtung des lauten Knall von vorhin.

Er trifft dort auf die vor ihm vernommenen Zeug*innen, bei denen er 1. Hilfe leistet. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein BILD-Reporter vor Ort. Kurz darauf trifft ein einzelner Polizist am Ort des Geschehens ein.

Dieser ist offensichtlich überrascht auf zwei Verletzte zu treffen. Trotz des Hinweises auf zwei Schwerverletzte kommt nur ein Krankentransport und ein Notfallhelikopter.

Am Ende seiner Aussage fügt er noch an, dass er froh war, dass einer seiner Gesellen (POC) nicht da war, weil er befürchtete dieser wäre auch vom Täter angegriffen worden.

Der nächste Zeuge war ein Kunde des vorherigen Zeugen, der sein Taxi dort reparieren ließ. Als der Attentäter ihn aufforderte ihm ein Auto zur Verfügung zu stellen, kam er dieser Aufforderung nach.

Als der Attentäter vom Gelände gefahren war, verfolgte er diesen mit einem anderen Auto, da er das Taxi, das er dem Attentäter gegeben hatte, orten konnte.

Als er während der Verfolgung des Attentäters an einer Polizeisperre vorbei kam, welche den Attentäter vorbeifahren ließ, entschloss er sich an dieser anzuhalten und die Beamt*innen darauf aufmerksam zu machen.

Diese kümmerten sich erst auf Druck des Zeugen um seinen Hinweis, da diese für einen Vorfall in Halle abgestellt seien. Der Zeuge sollte das Taxi erneut orten, doch er erkannte, dass der Attentäter das Ortungsgerät aus dem Fahrzeug geworfen hatte.

Er erinnerte sich allerdings noch an eine andere Möglichkeit das Taxi zu orten, was er den Polizist*innen mitteilte. Diese beschimpften ihn daraufhin, dass dies doch ihr Job sei den Attentäter zu orten.

Der Zeuge stand auch mit dem Opferschutzbeauftragten in Kontakt, welchen er bat nach Halle zu kommen. Bis heute sei dies nicht geschehen.

Anschließend wurde der Bruder des letzten Zeugen befragt, welcher dessen Angaben größtenteils bestätigte.

Zuletzt wurde eine 3D-Installation der Tatortspuren in Wiedersdorf und Bilder des Fahrzeugs des Attentäters gezeigt. Die 3D Visualisierung war hilfreich den Tatort zu verstehen, sie nach den Zeug*innenaussagen einzubringen, war jedoch wenig hilfreich.

Die Presseplätze blieben auch heute größtenteils leer. Auch bei den Zuschauer*innenplätzen waren noch Stühle frei. Kommt nach #Magdeburg und zeigt euch solidarisch!

Vielen Dank an @IfS_dicht für die Organisierung der Mahnwache vor dem Landgericht. Der #HalleProzess wird am 30.09. fortgesetzt.